Säkulare Grüne: Änderungsanträge zum Wahlprogrammentwurf zum Grünen Wahlprogrammentwurf für die Bundestagswahl 2013

BTW-ProgrammDie Säkulare Grünen haben auf ihrer 2. Vollversammlung am 23.03.2013 in Köln die im Folgenden veröffentlichten Änderungsanträge zu dem vom Bundesvorstand der Grünen vorgelegten Wahlprogrammentwurf beschlossen:

1. Kirchliches Arbeitsrecht

Änderungsantrag:

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in kirchlichen Einrichtungen unterliegen immer noch den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts. Damit stehen ihnen wesentliche ArbeitnehmerInnenrechte nicht zu.

Wir wollen für sämtliche Beschäftigungsverhältnisse jenseits des Bereichs der „Verkündigung“ das kirchliche Arbeitsrecht abschaffen. Stattdessen sollen alle kirchlichen MitarbeiterInnen außerhalb des „Verkündungs- bereiches“ die gleichen Rechte bekommen wie andere ArbeitnehmerInnen auch. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist dahingehend zu ändern, dass seine Bestimmungen auch auf Beschäftigungsverhältnisse in kirchlichen Einrichtungen Anwendung finden. Eine Diskriminierung aufgrund Religionszugehörigkeit bei der Einstellung und eine Einschränkung des Kündigungsschutzes durch besondere Loyalitätsverpflichtungen religiöser Art sind in einer modernen Gesellschaft nicht hinnehmbar.

Den ArbeitnehmerInnen sind uneingeschränkt die Rechte zur Bildung von Betriebsräten einzuräumen; das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit, wozu auch die Streikfreiheit zählt, muss auch im Bereich kirchlicher Einrichtungen Gültigkeit haben.

(Soll den BuVo-Entwurf BTW-A-01, Zeilen 129f. ersetzen)

Begründung:

Die gesellschaftliche Bedeutung des kirchlichen Arbeitsrechts, das auf etwa 1,3 Millionen Arbeitsverhältnisse in Deutschland Anwendung findet, erfordert eine deutliche Stellungnahme der Grünen, die nicht – wie der Entwurf des Bundesvorstands – in allgemeinen Andeutungen verharrt. Mit einer detaillierten Stellungnahme geben die Grünen ein starkes Signal in die Gesellschaft, dass sie Einschränkungen von Rechten von Arbeitneh- merInnen in diesem Wirtschaftssektor nicht weiter hinnehmen wollen.

Die Grünen haben mit ihrem Beschluss auf der BDK in Kiel (November 2011) eine eindeutig Position für Änderungen im Bereich des kirchlichen Arbeitsrechts bezogen, die auch in der Gesetzgebung umgesetzt werden soll. Seit der BDK in Kiel ist Beschlusslage der Grünen die Forderung nach uneingeschränktem Streikrecht, vollständiger Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und des kollektiven Arbeitsrechts in kirchlichen Einrichtungen sowie die Beschränkung des kirchlichen Sonderwegs auf den engen „Bereich der Verkündung“.

2. Ablösung der Staatsleistungen an Kirchen

Änderungsantrag:

Wir GRÜNE werden uns für die umgehende Ablösung der Staatsleistungen an die beiden großen christlichen Kirchen einsetzen, wie es im Grundgesetz vorgesehen ist.
Antrag

(Soll in den BuVO-Entwurf BTW-H-01 nach Zeile 214
eingefügt werden)

Begründung:

Die Bundesländer zahlen aktuell jährlich etwa 480 Mio. Euro an unmittelbaren Staatsleistungen an die beiden Großkirchen – für Bischofsgehälter, Pfarrgehälter usw..

Begründet wird dies damit, dass im Reichdeputationshauptschluss von 1803 solche Leistungen als Ausgleich für die Säkularisierung vorgesehen seien. Dies geben aber weder Buchstabe noch Geist des Gesetzes von 1803 her. Damals ging es lediglich darum, als Übergangsbestimmung für die Lebenszeit der gerade von Besitzprivilegien enteigneten kirchlichen Repräsentanten eine üppige Apanage vorzusehen. Erst das Bündnis von Thron und Altar nach 1815 machte daraus in diversen Konkordaten eine Dauerzahlung. Davon profitierte teilweise auch die evangelische Kirche, obgleich sie 1803 kaum von Enteignungen betroffen war. Bereits seit dem Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung im Jahr 1919 ist die Ablösung von Staatsleistungen an die beiden großen christlichen Kirchen verfassungsrechtlicher Auftrag, der jedoch bis heute nicht erfüllt wurde. Stattdessen wurden seitdem gar neue Staatsleistungen erfunden. Das Land Brandenburg hat 2003 der katholischen Kirche eine staatliche Entschädigung für deren Eigentumsverluste an die evangelische Kirche aufgrund der Reformation im 16. Jahrhundert zugebilligt. Derlei „Ewigkeitsansprüche“ stehen im krassen Gegensatz zu der Behandlung nichtkirchlicher Enteignungsverfahren im Staat z.B. aufgrund der Landreform in der DDR.

Gegen die Erfüllung des Verfassungsgebotes der Ablösungen der Staatsleistungen wird gerne zu bedenken gegeben, dies erfordere eine gewaltige Ablösesumme, welche sich der Staat nicht leisten könne.

Selbst wenn das Recht auf Kompensationszahlung den Kirchen tatsächlich zugebilligt werden müsste, so ist dieses aufgrund der in den letzten 200 Jahren – insbesondere den seit 1919 erbrachten – Staatsleistungen, mindestens erfüllt, wenn nicht gar übererfüllt worden. Daher gibt es gar keine sachliche Grundlage, das Ende der Staatsleistungen an die Zahlung einer Ablöse – gar noch in horrender Höhe – an die Kirchen zu knüpfen.

Insbesondere in einer Zeit gewaltig verschuldeter öffentlicher Haushalte sind solche Zahlungen an zwei vermögende religiöse Institutionen gegenüber der pluralen Gesellschaft nicht vertretbar.

3. Abschaffung des § 166 StGB

Änderungsantrag:

Die Freiheit der Meinungsäußerung halten wir für ein hohes Gut. Wir wollen den „Gotteslästerungsparagraphen“ § 166 StGB streichen, der eine ungerechtfertigte Einschränkung dieses Rechtes darstellt.

(Soll in den BuVo-Entwurf BTW-Bü-01 nach Zeile 37 eingefügt werden)

Begründung:

Der § StGB lautet:
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den
Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer
Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird
mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften
(§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere
Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen
oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen
Frieden zu stören.
Die Abschaffung des §166 ist längst überfällig. Er schränkt das Grundrecht
der Ausübung der Meinungsfreiheit ein und kriminalisiert sogar Menschen,
wenn diese das Tabu der Religionskritik verletzen.

Manche Staaten, in denen eine bestimmte Religion die Politik dominiert,
verfolgen häufig Anhänger der übrigen Religionen mit dem Vorwurf der
„Blasphemie“. Opfer dessen sind z.B. immer wieder Christinnen und Christen
in Pakistan. Die UN hat – zumindestens zu großen Teilen – dieses Problem
erkannt und fordert ihre Mitgliedsstaaten auf, derartige Gesetze
abzuschaffen.

Der §166 in Deutschland folgt einer perfiden Logik: Wenn auf einen
religionskritischen Text die Anhänger einer Religion mit Mord drohen, so
gefährden nicht etwa diejenigen den „öffentlichen Frieden“, die zum Mord
aufrufen, sondern jene, die einen religionskritischen Text geschrieben und
veröffentlicht haben.

Der Clou ist: die Staatsanwaltschaft braucht den religionskritischen Text
auch ohne eine nachgewiesene Existenz realer Drohungen lediglich nach
eigenem Gusto für geeignet erachten, solche potentiell womöglich
hervorzurufen, um bereits gegen den Verfasser vorgehen zu können.

Somit ist also dieser Strafrechtsparagraph nicht nur eine Einladung an
religiöse Extremisten, mittels des Faustrechtes unliebsame Darstellungen
mit staatlicher Komplizenschaft unterdrücken zu können. Er ist auch ein
Gummiparagraph für in Fragen der Religionskritik zensurwütige Staatsanwälte.
Faktisch wird nach diesem Strafrechtsparagraphen jedoch nur noch selten
verurteilt, auch wenn die CSU immer wieder sogar noch dessen Verschärfung
fordert, indem das Schutzgut auf die offenbar leicht verletzbaren
„religiösen Gefühle“ geradezu ins Uferlose verschoben werden soll.

Schon jetzt verleitet der §166 StGB jedoch PublizistInnen zur
Selbstzensur, denn diese müssen staatliche Repressionen fürchten, sobald sie
sich in öffentlich wirksamer Weise religionskritisch äußern.

Wir meinen: Die üblichen Bestimmungen des Strafgesetzbuches hinsichtlich
„Verleumdung, „Beleidigung“, „Übler Nachrede“ usw. reichen bei etwaigen
Problemfällen völlig aus. Für einen besonderen privilegierten Schutz der
Religionsgemeinschaften vor Kritik gibt es keine sachliche Notwendigkeit.

4. Staat ist säkular für Alle

Änderungsantrag:

Der Staat ist säkular – für alle

Demokratisch teilhaben können Menschen nur, wenn die Rahmenbedingungen auch stimmen: Machtanballungen wie diejenigen zwischen Religionsgemeinschaften und Staat oder auch zwischen Religion und Militär wollen wir entflechten.

Wir wollen eine professionelle psychologische Betreuung der SoldatInnen statt einer Abgabe der Verantwortung an staatlich finanzierte Militärseelsorge.

Wir wollen, dass SchülerInnen nicht länger getrennt nach Bekenntnissen lernen, sondern ihnen gemeinsam in Schulen Kenntnisse über Religionen und Weltanschauungen vermittelt werden; die Fähigkeit, eigene Maßstäbe für deren Beurteilung zu entwickeln, gefördert und ihnen Hilfen in der
Lebensgestaltung ermöglicht. Hierzu gehören die bestehenden Regelungen der Bekenntnisfächer auf den Prüfstand. Wir wollen die Debatte über die hierzu notwendigen Änderungen des Grundgesetzes und der Landesverfassungen eröffnen.

Wir wollen den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts für religiöse und nichtreligiöse Weltanschauungsgemeinschaften abschaffen. Das Vereinsrecht bietet ausreichende und bessere Möglichkeiten auf gleichberechtigte Teilhabe.
Wir wollen die Kirchenfinanzierung so umgestalten, dass Religionsgemeinschaften in eigener Verantwortung Mitgliedsbeiträge erheben. Den staatlichen Einzug von Kirchensteuern wollen wir abschaffen.

Direkte Staatsleistungen gehören abgewickelt.

(Soll den BuVo-Entwurf BTW-BÜ-01 Zeilen 224-232 ersetzen)

Begründung:

In unserer Gesellschaft leben Menschen mit immer unterschiedlicheren religiösen und kulturellen Anschauungen.

Als Grüne streben wir eine Gesellschaft an, in der alle Menschen – unabhängig von Glaubensrichtung und Weltanschauung – gleichberechtigt zusammenleben. Niemand soll aufgrund seines Glaubens oder der Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einer bestimmten Religionsgemeinschaft bevorzugt oder benachteiligt werden.

Zur Zeit genießen nur einige wenige Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften den Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts und die damit einhergehende Sonderrechte.

Sonderrechte von Institutionen und Kollektiven können jedoch die individuellen Rechte bedrohen. Diese individuellen Rechte sind jedoch die Voraussetzung für eine tatsächliche, gleichberechtigte Teilhabe an der an der Gesellschaft.

Privilegien von Kirchen und Religionsgemeinschaften sollen daher abgeschafft werden, statt diese auf einige wenige weitere auszudehnen.
Orientierungspunkt ist die freie Entfaltung der Persönlichkeit in sozialer und ökologischer Verantwortung, also individuelle Selbstbestimmung.

1. Religion und Militär

Militärseelsorge ist die direkteste Verknüpfung von Staat, Militär und Religion. Der Staat finanziert hierbei die Militärseelsorge, diese beteiligt sich daran, die Armee einsatzfähig zu halten. Von säkularer Seite her ist es ein Unding, dass für die psychologische Betreuung der SoldatInnen nicht etwa psychologisch geschultes Personal vorgehalten wird, sondern an dessen Stelle auf Militärgeistliche zurückgegriffen wird.
Auch SoldatInnen haben das Recht auf Ausübung ihrer Religion. Hierzu gehört auch die Möglichkeit, mit SeelsorgerInnen ihrer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften zu sprechen. Allerdings sollte es hierbei auch enden. Militärgeistliche sollten nicht in die Hierarchie der Bundeswehr eingegliedert sein oder über den Wehretat finanziert werden.

2. Ein gemeinsamer Unterricht

Ein wichtiger Aspekt grüner Bildungspolitik ist das gemeinsame Lernen über unterschiedliche Leistungsstufen hinweg. Die bestehenden Regelungen zum bekenntnisorientierten Religionsunterricht, führen aber dazu, dass Kinder nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft getrennt werden. In einer sich stark pluralisierenden Gesellschaft, finden wir es nicht sinnvoll an dieser Stelle die Unterschiede zu betonen. Für eine gelungene Integration und Akzeptanz der Menschen, die aus anderen Kulturkreisen kommen und andere religiöse Vorstellungen haben, ist es förderlich, wenn in der Schule gemeinsam über die unterschiedlichen Religionen, Kulturen und Werte Unterricht stattfindet. Nur so kann Toleranz für einander geschaffen werden.

Die Einführung von Islamunterricht lehnen wir deswegen ab, da dies nur zur weiteren Segregierung führen würde anstatt dem Ziel des gemeinsamen Lernens näher zu kommen. Zudem werden Kinder, die keiner Religionsgemeinschaft angehören, die einen solchen Unterricht anbieten darf, mit der bestehenden Regelung diskriminiert, da es keine flächendeckende Versorgung mit dem jetzigen „Ersatzfach“ Ethik gibt.

Obwohl Bildung Ländersache ist, muss Bundesweit hierüber diskutiert werden, da am Ende auch Änderungen im Grundgesetz vorzunehmen sind.

3. Keine Körperschaftsrechte

Der Status als staatsferne „Körperschaft des Öffentlichen Rechtes“ für einige wenige Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gewährt diesen Rechte, die ansonsten nur staatlichen Organen wie Gebietskörperschaften zur Verfügung stehen. Für eine Selbstverwaltung ist ein derartiger Status, der nicht einmal Parteien oder Gewerkschaften zugestanden wird, keinesfalls notwendig. Die bisherige Lösung vermittelt den Eindruck, einige Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaften besäßen einen besonderen staatlichen „Segen“, dabei sind sie schlicht mitgliederstark. Säkulare Menschen, die ggf. sogar keiner derartigen Gemeinschaft angehören, können sich hiermit kaum anfreunden. Wir wollen, dass Menschen eigenständig – also ohne staatliche Empfehlung – entscheiden können, ob sie sich einer Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft anschließen. Der Staat hat sich allenfalls zur Grundgesetzkonformität von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zu äußern.

4. Kirchenfinanzierung

Auch der staatliche Einzug der Kirchensteuer gewährt Kirchen Privilegien, die nicht einmal Parteien oder Gewerkschaften zugestanden werden. Während Mitglieder von Parteien nur selten auf die Idee kommen, ihren satzungsgemäßen Beitrag zu zahlen und wir mit gescheiterten Einzügen umgehen müssen, so kann die Kirche sich auf die Finanzämter verlassen.

Dieses System garantiert den Kirchen einen großen Anteil der Summe, die die Menschen in Deutschland zu spenden bereit sind. Würde dieses Recht entweder auch Parteien zustehen oder eben keiner nichtstaatlichen Organisation, würden wir in einem anderen Deutschland leben, in dem die Menschen entscheiden, wem sie wie viel Mitgliedsbeitrag zukommen lassen und dies nicht institutionell präformiert ist.

Direkte Staatsleistungen aus dem Steueretat wollen wir abschaffen. Ggf. noch vorliegende Ansprüche sollten abgegolten werden, sofern ihre Rechtmäßigkeit nachgewiesen werden kann. Soweit hierdurch TrägerInnen bedroht sind, so ist es die ausschließliche Entscheidung der Politik, wie diese in Zukunft organisiert sind. Langjährige staatliche Zuwendungen sind keinesfalls eigentumsähnliche Rechte.

5. Antidiskriminierung

Änderungsantrag:

Antidiskriminierungspolitik heißt für GRÜNE, dass religiöse und konfessionsfreie Menschen gleiche Rechte bekommen. Niemand soll wegen seiner oder ihrer Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft bevorzugt oder benachteiligt werden. Wir setzen uns daher dafür ein, dass in den nächsten vier Jahren die Privilegien der christlichen Kirchen abgebaut werden. Nur so können Weichen für die Gleichstellung aller Religionsgemeinschaften, für ein Ende der Diskriminierung aufgrund vorhandener oder nicht vorhandener Religionszugehörigkeit sowie für eine effektive Neutralität des Staates gestellt werden.

Bund und Länder sollen sich hierzu koordinieren.

(Soll den BuVo-Entwurf BTW-BÜ-01, Zeilen 224 – 232 ersetzen)

Änderungsantrag:

Insbesondere soll der bekenntnisförmige Religionsunterricht durch Fächer wie Ethik, Philosophie oder Religionskunde abgelöst werden – so wird Segregation in der Schule vermieden.

(Soll den BuVo-Entwurf Bürgerrechte stärken – 4. Diskriminierungsfreie Teilhabe ermöglichen , S 133, Zeilen 228 – 232 ersetzen)

6. Keine weitere Gleichstellung von Religionsgemeinschaften

Änderungsantrag:

Wichtiger Bestandteil einer inklusiven Politik ist die gesellschaftliche Integration der Angehörigen unterschiedlicher Religionsgemeinschaften. Entsprechend der Aussage in unserem Grundsatzprogramm -„Wir Bündnisgrüne unterstützen die Trennung von Kirche und Staat“- setzen wir uns für einen schrittweisen Abbau bereits existenter Privilegien der bestehenden Religionsgemeinschaften ein mit dem Ziel einer tatsächlichen Trennung von Kirche und Staat. Daher lehnen wir es ab, weiteren Religionsgemeinschaften den Status einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts zu verleihen.

(Soll den BuVo-Entwurf BTW-BÜ-01 Zeilen 224 – 232 S ersetzen)

Begründung:

Auch wenn es sich um ausgemachte relevante Zahlen von Angehörigen anderer Religionsgemeinschaften handelt, kann es nicht ein Ziel Grüner Integrations- und Religionspolitik sein, weitere Religionsgruppen in den Kreis der privilegierten aufzunehmen. Da die Zahl der Mitglieder einer Religionsgemeinschaft nicht das Kriterium für ihre Gleichstellung mit den christlichen Religionsgemeinschaften sein kann, könnten auch zahlenmäßig kleinere Religionsgemeinschaften diesen Status erhalten wollen – eine nicht lösbare Aufgabe.
Insoweit entsprechende Aktivitäten in die Hoheit der Bundesländer fallen gilt es festzuhalten, dass die Formulierungen im Entwurf des BT-Wahlprogramms den Aussagen der Wahlprogramme anderer Grüner Landesverbände diametral entgegenstehen (vgl. die Programme von (vgl. die Programme von Bayern, Sachsen-Anhalt*, Thüringen, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein). Inklusive Politik bezieht sich nach unserem Verständnis auf Menschen, keinesfalls auf Religionsgemeinschaften.

Eine säkulare Gesellschaft ist für uns gerade dadurch gekennzeichnet, dass deren religiöse Überzeugungen der Privatsphäre der Gläubigen angehören. Das öffentliche Praktizieren religiöser Rituale darf nicht die Herabwürdigung oder die Behauptung von Dominanzansprüchen einer Religion über andere beinhalten. Die Einführung von Religionsunterricht weiterer Glaubensgemeinschaften stellt für uns keinen Beitrag zur Inklusion dar.

Ganz im Gegenteil: Das Ziel einer säkularen Gesellschaft muss die gemeinsame Unterrichtung von SchülerInnen aller Religionen bzw. auch solchen ohne religiöses Bekenntnis sein und darf keine Segregation nach religiösen Bekenntnissen vornehmen. Inklusion hat sich daher in einem Unterrichtsfach wie z.B. Ethik/Religionskunde für sämtliche SchülerInnen zu vollziehen.

Auch die Ausbildung theologischer Lehrkräfte soll in die alleinige finanzielle und organisatorische Verantwortung der Religionsgemeinschaft fallen und darf nicht weiterhin staatlicherseits privilegiert bleiben.

*LT-Programm Sachsen-Anhalt 2011 S.20
Zum gemeinsamen Lernen gehört für uns auch, dass nicht wie bisher konfessionell gebundene und nichtreligiöse Kinder getrennt, sondern gemeinsam über Werte und Normen, Religionen und ihre Ausprägungen und über die vielfältigen Möglichkeiten der Lebensgestaltung in einer pluralistischen Gesellschaft sprechen und diskutieren. Wir möchten die gegenwärtige Dreiteilung durch einen für alle verpflichtenden Werteunterricht ablösen. Dies sehen wir gerade in einer zunehmend multikulturellen Gesellschaft als nötig an, denn es wird immer schwieriger werden, möglichst vielen Religionsgemeinschaften einen eigenen Religionsunterricht anzubieten, ohne andere zu benachteiligen. Es muss möglich sein, dass sich die Schülerinnen und Schüler breit über gesellschaftliche Gegebenheiten austauschen, eigene Vorstellungen entwickeln und diese strittig auch mit Schülerinnen und Schülern anderer Religionen diskutieren.

++++

Weitere Änderungsanträge (zu denselben Themenbereichen wie genannt) beziehen sich auf im WahlprogrammEntwurf genannte „Schlüsselprojekte“ und „Kurzformulierungen“.

Wahlprogrammergänzungsanträge zu Knabenbeschneidungen konnten auf der 2. Vollversammlung aus Zeitgründen nicht mehr behandelt werden. Hierzu wird es gesonderte Anträge geben.

W.O. / 28.03.2013

Verwandte Artikel