Auf der Tagung der BAG am 11.12.2021 wurde von den Delegierten einstimmig beschlossen, die bereits von vielen europäischen Frauenverbänden unterzeichnete „Solidaritätserklärung mit den afghanischen Frauen“ ebenfalls zu unterstützen.
Die Erklärung beschreibt die katastrophale Lage von Mädchen und Frauen in Afghanistan nach der bewaffneten Machtübernahme durch die Taliban in den von diesem gewalttätigen Männerbund bis dahin nicht regierten Teilen Afghanistans. Seitdem werden Mädchen- und Frauenrechte mehr und mehr beseitigt.
Nicht einmal Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Leben werden den Frauen garantiert. Zu den ersten Schandtaten der Taliban gehörten die Schließung des Frauenministeriums (nunmehr „Ministerium für die Förderung der Tugend und die Verhinderung des Lasters“!) und der Spezialabteilungen gegen häusliche Gewalt bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichten. Frauen, die in Frauenhäusern Zuflucht vor gewalttätigen Ehemännern und Famlienangehörigen gesucht hatten, wurden von heute auf morgen auf die Straße gesetzt und in etlichen Fällen sogar ihren Mißhandlern direkt übergeben.
Darüber hinaus werden Frauen aus der Öffentlichkeit bzw. dem öffentlichen Leben verbannt, durch Ausbildungs-´, Studien- und Berufsverbote und dergleichen mehr.
Dieses Vorgehen gegen Menschen aufgrund ihres „falschen“ Geschlechts nimmt Mädchen und Frauen jegliche Rechte, degradiert den weiblichen Bevölkerungsteil in Afghanistan zu Menschen 2. Klasse. Da mutet es nur wie Hohn an, wenn die Taliban in einem vor kurzen erlassenen Dekret erklären: „Eine Frau ist kein Eigentum, sondern ein edler und freier Mensch.“
Gegen die totalitäre Diskriminierung wendet sich die Solidaritätserklärung und fordert internationale Unterstützung für die afghanischen Mädchen und Frauen.
Stellungnahme von „Frauen für Freiheit“:
DIE ERKLÄRUNG IM WORTLAUT:
Solidarität mit afghanischen Mädchen und Frauen
Für das Recht auf Leben, Sicherheit, Gesundheit und Bildung
Vom Netzwerk der mit den Frauen Afghanistans solidarischen Organisationen
Der militärische Rückzug der USA aus Afghanistan am 31. August dieses Jahres hat das Land in vielerlei Hinsicht in eine schreckliche Krise gestürzt und den Taliban den Weg zur Rückkehr an die Macht geebnet.
Wir erinnern uns noch an die Bilder, die von Mitte der 1990er bis zum
Sturz des Regimes im Jahr 2001 um die Welt gingen. Sie zeigen in ihren Tschadris gefangeneFrauen, die blauen Schatten gleichen und nur noch heimlich durch die Straßen gehen konnten.
Doch die Frauen Afghanistans begannen wieder zu leben, sich um sich zu kümmern, auszugehen, Friseur- und Schönheitssalons zu besuchen, zu studieren, zu arbeiten, Sport zu treiben, kurzum, auf verschiedenste Weise aktiv zu werden. Mädchen nahmen ihreSchultaschen wieder auf den Rücken und gingen zur Schule. Diese Sichtbarkeit markierte ihre
Rückkehr in den öffentlichen Raum und das öffentliche Leben.
In zwanzig Jahren wurde vieles erreicht. In einem Land, das den Tiefpunkt aufgrund von Unsicherheit, politischer Instabilität, Korruption und unaufhörlichen Kämpfen zwischen Clans nur mühsam überwinden konnte,
wurde die Hoffnung auf ein besseres Leben geweckt.
In all diesen Jahren konnten Mädchen und Frauen einen echten Wandel bewirken.
Im vergangenen Jahr besuchten 3,5 Millionen Mädchen und junge Frauen die Schule, 100.000 Frauen studierten an staatlichen und privaten Universitäten, Tausende von ihnen wurden zu Leiterinnen von Unternehmen, 500 Frauen waren als Richterinnen und Staatsanwältinnen tätig und 12.000 Frauen waren bei der Polizei und der Armee beschäftigt.
Dieser Aufschwung wurde abrupt unterbrochen, als die Taliban das Gebiet wieder an sich rissen. Doch diese Frauen sind immer noch dort und immer noch bereit, ihr Werk und ihre Wege fortzusetzen.
Darüber hinaus steht das Land am Rande einer sehr schweren humanitären Krise. Rund 22,8 Millionen Afghanen, also mehr als die Hälfte der Bevölkerung, werden diesen Winter nicht genug Nahrung haben. Bis zum Jahresende werden 3,2 Millionen Kinder unter fünf Jahren an
akuter Unterernährung leiden.
Das führt dazu, dass Familien ihre kleinen Töchter an weitaus
ältere Männer verkaufen und Tausende von Kindern auf den Straßen an den Rand der Sklaverei getrieben werden.
Worauf warten wir, um zu handeln?
Als europäische Frauen mit unterschiedlichen Hintergründen, die sich zivilgesellschaftlichengagieren, sind wir sehr beunruhigt über die Lage unserer afghanischen Schwestern. Die Nachrichten, die uns von dort erreichen, sind alarmierend. Die Frauen leben in schrecklicher
Angst und fürchten um ihr Leben und das ihrer Kinder. Einige begehen Selbstmord, andere werden hingerichtet.
Anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen sprechen wir den Frauen in Afghanistan unsere faktische und aktive Solidarität aus. Deshalb wenden wir uns an die Regierungen unserer Staaten sowie an die Europäische Union, damit unsere
EntscheidungsträgerInnen die gefährliche Lage erkennen und ihrer Verantwortung gerecht werden.
• Für uns ist die Anerkennung des Taliban-Regimes keine Option. Ganz im Gegenteil. Sie wäre ein Verrat an unseren europäischen Werten. Es muss eine klare und unmissverständliche Botschaft an die Taliban gesendet werden, die klarstellt, dass das Leben, die Sicherheit, die Gesundheit und die Bildung von Mädchen und Frauen keine verhandelbaren Rechte sind.
Wir möchten diese Gelegenheit nutzen, um Europa daran zu erinnern, dass es notwendig ist, als kohärenter Block aufzutreten, zu kommunizieren
und zu handeln, um seine Kraft ebenso einzusetzen, wie es andere Mächte auch tun.
• Wir plädieren für eine Rückkehr der humanitären Hilfe aus Europa und fordern, dassdiese an die Verbesserung der Lebensbedingungen der Mädchen und Frauen geknüpft wird. Mädchen müssen wieder zur Schule gehen, denn Bildung ist ihr bester Wegbereiter.
• Darüber hinaus setzen wir uns für die Aufnahme von weiblichen Geflüchteten ein.Tausende Frauen wurden zur Flucht gezwungen. Einige von ihnen mussten in Eile sowie ohne Aufenthaltsgenehmigung nach Europa aufbrechen und einen Teil ihrer Familie in der Heimat zurücklassen. Unsere Staaten müssen sich dieser Situation gewachsen
zeigen und die Überlebenden aufnehmen, wie es sich gebührt. Diese Aufnahme ist nicht nur Aufgabe der Staaten. Sie ist die Aufgabe jeder sowie jedes Einzelnen und der Gesellschaft als Ganzes.
Erstunterzeichnerinnen und -unterzeichner
- Assemblée des femmes (Geneviève Couraud)
- Association des Femmes de l’Europe Méridionale (AFEM) (Catherine Sophie
Dimitroulias) - Association for Studies, Cooperation and Development (Alexandra Silva)
- Association pour la promotion de la culture berbère au Luxembourg (Hassiba
Guerbouj) - Associazione Iroko Olus (Esohe Aghatise)
- Autonomous Women’s Centre Belgrade ()
- Bulgarian platform-EWL
- Communautaire Laïc Juif (CCLJ) (Emmanuelle Einhorn)
- Collectif Laïcité Yallah (Djemila Benhabib)
- Concertation des luttes contre l’exploitation sexuelles-CLES (Diane Matte) ;
- Conseil des Ex-Musulmans -Allemagne (Mina Ahadi)
- Conseil des Femmes Francophones de Belgique (CFFB) (Sylvie Lausberg) ;
- Égalité-laïcité-Europe (Egale) (Martine Cerf)
- End Demand Switzerland (Nana Mallet)
- European Association for The Defense of Minorities (Manel Msalmi) ;
- EuroMed Feminist Initiative (IFE-EFI Lilian Halls-Franch)
- Femmes Solidaires (Sabine Salmon)
- EWL Coordination for Turkey (Aslihan Tekin)
- Fondation 1000 Mojligheter (Zandra Kanakaris)
- Frauen für Freiheit e. V. (Femmes pour la liberté), (Rebecca Schönenbach)
- Italian Coordination of the European Women’s Lobby (Maria Ludovica Bottarelli
Tranquilli-Leali) - International Women in Power (Hourvash Pourkian)
- Hungarian Women’s Lobby (Réka Sáfrány)
- La Fondation Anne-Marie Lizin (Michel Lizin)
- La Marche Mondiale Des Femmes ()
- La Palabre (Khady Koita) ; Les Résilientes (Rachida Hamdan)
- Le Monde selon les femmes (Lidia Rodriguez Prieto)
- Les VigilantEs (Christine Le Doaré)
- Libres Mariannes (Laure Caille)
- Ligue du Droit International des Femmes (Annie Sugier)
- Lobby Europeo de Mujeres en Espana
- Maltese Women’s Lobby ()
- Magazine Femmes ici et ailleurs (Pierre-Yves Ginet)
- Marta Center (lluta Lace)
- Migrantinnen für Säkularität und Selbstbestimmung (Naïla Chikhi)
- Mouvement Pour la Paix et Contre le Terrorisme (Huguette Chomski Magnis)
- NEGAR-Soutien aux Femmes d’Afghanistan (Shoukria Haidar)
- Observatoire Féministe des Violences faites aux Femmes (Viviane Teitelbaum)
- Regards de Femmes (Michèle Vianès)
- Réseau Féministe « Ruptures » (Monique Dental)
- Resistenza femminista
- Réussir l’Égalité Femmes-Hommes (Huguette Klein)
- Solwodi Deutschland ()
- Sisters -fur den Ausstieg aus der Prostitution ! e.V
- Synergie Wallonie pour l’Egalité entre les Femmes et les Hommes (Reine Marcelis)
- Swedish Women’s Lobby ()
- The Fondation Scelles Space International
- Valeurs et Spiritualité Musulmane de Belgique (Ismaël Touil)
- Verein Feministischer Diskurs ()
- University Women of Europe (Anne Negre)
- women@thewell (Lynda Dearlove)
- Women’s Lobby of Slovenia (Ana Kalin)
- Women’s Initiative for Citizenship and Universal Rigths (Lalia Ducos)
- Women’s Network of Croatia ()
- Women Worldwide Advancing Freedom & Equality (Dr Jocelynne A. Scutt)
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