Kurz vor der BDK in Halle vom 20. bis 22. November 2015 haben Cem Özdemir (Bundesvorsitzender von Bündnis 90 / Die Grünen) und Volker Beck (Religionspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion) ein brisantes Papier vorgelegt: „Den Islam und anderen Religionen der Einwanderer ins deutsche Religionsverfassungsrecht integrieren – Gleiche Rechte für Muslime, Aleviten und Jeziden!“ In dem Papier positionieren sich beide äußerst kritisch gegenüber den konservativ-orthodoxen Islamverbänden.
Medial wird der Inhalt des Papiers bereits als „Abkehr von der bisherigen grünen Islampolitik“ und als eine Beendigung einer kritiklosen Unterstützung der Interessen der konservativen-orthodoxen Islamverbände bewertet. Eine Neuorientierung grüner Islampolitik habe begonnen, schreibt der Humanistische Pressedienst, und die Süddeutsche Zeitung erwähnt, dass Özdemir und Beck sich die Kritik vor allem liberaler Islamvereinigungen und der Aleviten zu eigen machten: „Vor allem liberal orientierte Muslime fürchten, dass die theologisch eher konservativen Verbandsvertreter den muslimischen Religionsunterricht und die Lehre an den Unis prägen, wenn sie erst einmal als Religionsgemeinschaft anerkannt sind.“
Die Aussagen des Papiers zur aktuellen Bewertung der vier Islamverbände (DITIB, Islamrat, Verband der islamischen Kulturzentren und Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) werden auch in der BuVo-Kommission „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat“ geteilt.
Der Bundesweite Arbeitskreis Säkulare Grüne hatte bereits in einem Beschluss vom 28.2.2015 betont, dass die meisten muslimischen Verbände gegenwärtig nicht die institutionellen Voraussetzungen als Religionsgemeinschaften und für die Anerkennung als Körperschaften besitzen. In dem Beschluss der Säkularen Grünen heißt es zudem: „Es ist nicht Aufgabe des Staates, religiöse Traditionen um ihrer selbst willen zu konservieren. Er soll vielmehr den Rahmen gewährleisten, in dem sich Menschen selbstbestimmt in religiösen und weltanschaulichen Fragen orientieren und organisieren können. Die Garantie dieser Selbstbestimmung enthält auch die Garantie der Freiheit, sich von seiner Herkunftstradition zu distanzieren, sich gleichgültig zu ihr zu verhalten oder diese kritisieren zu können. Grundsätzlich verfehlt ist es, religiös-kulturelle Identitäten zu stärken, die die individuelle Emanzipation und das verträgliche Zusammenleben der Menschen eher behindern als fördern.“
Es sieht danach aus, dass diese säkularen Positionen weit in die Partei hinein konsensfähig sind.
Walter Otte
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