BERLIN. (hpd) Am 2. und 3. April traf sich die Vollversammlung des Bundesweiten Arbeitskreises Säkulare Grüne in Erfurt. Im Mittelpunkt der Tagung standen die Beratung des Berichts der Kommission des grünen Bundesvorstands „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat“.
Dazu fand eine Diskussionsveranstaltung statt, an dem neben VertreterInnen der Säkularen Grünen auch Bettina Jarasch (Mitglied des Bundesvorstands von BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und Leiterin der Kommission), Astrid Rothe-Beinlich (Parlamentarische Geschäftsführerin der Thüringer Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN), Johann-Albrecht Haupt (Mitglied des Beirats der Humanistischen Union) teilnehmen werden. Zweiter Schwerpunkt der Beratungen war die Verabschiedung eines Positionspapiers zur schulischen Bildung.
Die Versammlung war sich überwiegend darin einig, dass der nach zweijähriger Arbeit zustande gekommener Bericht eine Reihe deutlicher religionspolitischer Reformvorschläge enthält und damit Bündnis 90/Die Grünen in der deutschen Parteienlandschaft wieder einmal führend das heiße Eisen „Religionspolitik“ anpackt.
Der Kommissionsbericht wird der veränderten religiösen und weltanschauliche Zusammensetzung der bundesdeutschen Gesellschaft gerecht. Ein „Weiter so“ bisheriger Religionspolitik kann es nach Verabschiedung eines Papiers auf dem nächsten Bundesparteitag im November nicht mehr geben.
Aus grün-säkularer Sicht ist es gelungen, wichtige Positionen insbesondere bei der Reform des „Kirchlichen Arbeitsrechts“ durchzusetzen. Im Bereich der Kirchenfinanzen konnten zumindest erste Schritte zur Beseitigung der völlig überholten Strukturen beschlossen werden. So wird verlangt, auf die pauschale Kirchensteuer bei geringfügig Beschäftigen zu verzichten und eine Reform bei der Besteuerung „glaubensverschiedener“ Ehen umzusetzen. So wird verhindert, dass Ehegatten durch das Splitting für eine Religionsgemeinschaft steuerpflichtig werden, der sie selbst nicht angehören.
Öffentlich große Resonanz fand die Forderung nach einer Entwicklung einer neuen öffentlichen Gedenk- und Trauerkultur (etwa nach Katastrophen und Unfällen). Beifall fand auch die im Kommissionsbericht enthaltene scharfe Kritik am Führungsanspruch konservativ-orthodoxer Islamverbände. Auch diese Forderung machten sich die Grünen Säkularen zu eigen. Einig war sich die Versammlung aber auch darin, in der jetzt angelaufenen innerparteilichen Debatte auf Nachbesserungen zu drängen und so den eingeschlagenen Kurs der Reform zu verstärken.
Bei dem zweiten Schwerpunktthema in Erfurt, der schulischen Bildung, fordert die Vollversammlung in ihrem einmütig verabschiedeten Papier eine grundlegende Neubestimmung der Bildungspolitik im Bereich Philosophie-, Religions-, Religionskunde- und Lebenskunde. Ziel die eine Orientierung auf Wertemündigkeit in einer freiheitlich-pluralistischen Gesellschaft. Die in den meisten Bundesländern vorgenommene religiöse Segregation in den Schulen soll beendet und durch eine Inklusion ersetzt werden. Ein Fach mit dem Schwerpunkt Philosophie und Religionskunde soll für Alle als Pflichtfach festgeschrieben werden. Dieser Unterricht soll von der ersten Klasse an bis zum Abitur durchgehend angeboten werden.
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