In Ägypten ist ein Gesetz in Vorbereitung, mit dem eine „Kriminalisierung des Atheismus“ bezweckt wird. Die Begründung für die Gesetzesinitiative lautet, dass Menschen, die nicht an Gott glaubten, die abrahamitischen Religionen beleidigten. Dabei wird die Auffassung verbreitet, dass die Ausbreitung des Atheismus Ausdruck von Dekadenz und fehlendem Glauben sei und die gesamte Gesellschaft bedrohe. Wenn jemand vom bisherigen Glauben abfalle und Atheit*in, bedeute dies die Verachtung aller Religionen. Seitens der Regierung und religiöser Institutionen wird die Gesetzesinitiative begrüßt und unterstützt.
Bereits jetzt wird Artikel 98 des ägyptischen Strafgesetzbuches („Diffamierung von Religion“, mit Gefängnisstrafe bis zu fünf Jahren) gegen Atheist*innen angewendet. Die Strafbarkeit soll noch darüber hinaus ausgeweitet werden: Atheismus soll generell verboten werden und illegal sein.
Sowohl offizielle Vertreter des Islams als auch der Koptischen Kirche in Ägypten sehen den Atheismus als sich ausbreitendem Unglauben als Gefahr an. Parallel zu dem Gesetzesvorhaben ist seit einiger Zeit ein verstärktes behördliches und gerichtliches Vorgehen gegen Atheist*innen und Islamkritiker*innen festzustellen.
Human Rights Watch fordert, dass der ägyptische Staat sich an seine Verfassung halten und aufhören solle, Menschen wegen Atheismus zu verfolgen.
Kommentator*innen sehen in dem Vorgehen in Ägypten (bei angeblich nur etwa 900 Atheist*innen in einer Bevölkerung von 100 Mio. Menschen) einen Versuch, von dem Versagen der Regierung bei der Terrorbekämpfung sowie in der Wirtschafts- und Sozialpolitik abzulenken.
Wir Säkulare Grüne verurteilen das Vorgehen zur Schaffung eines Atheist*innen kriminalisierenden Gesetzes sowie die Verfolgung von Atheist*innen und Agnostiker*innen. Das beabsichtigte Gesetz verschärft die ohnehin bestehende Einschränkung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit in Ägypten. Vor allem Konvertit*innen (insbesondere Menschen, die die islamische Religion ablegen) werden verfolgt. Auch bestehen Diskriminierungen von Jüd*innen in Form von staatlich gefördertem Antisemitismus wie auch von Anhänger*innen kleiner Religionsgemeinschaften wie der Bahai. Diese Verfolgungen und Diskriminierungen sind vor dem Hintergrund einer immer stärkeren Einschränkung elementarer Grundrechte seit der gewaltsamen Machtübernahme von Abd al-Fattah al-Sisi im Jahr 2013 zu sehen.
Wir säkulare Grüne fordern die Herstellung einer umfassenden Glaubens- und Gewissensfreiheit in Ägypten und wiederholen unsere Auffassung: „Das allgemeine Menschenrecht auf Glaubens-, Gewissens- und Religions- sowie Weltanschauungsfreiheit ist ein wesentliches Menschenrecht für die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und darf nicht zur beliebigen, politisch motivierten Disposition von Regierungen stehen“. *
10.02.2018
Bündnis 90 / Die Grünen Bundesarbeitsgemeinschaft Säkulare Grüne
Sprecher*innen: Diana Siebert Walter Otte
Stv. Sprecher*innen: Ute Wellstein Lino Klevesath
http://saekulare-gruene.de/
* so schon in der Erklärung der Säkularen Grünen zum Verbot der Zeugen Jehovas in Russland http://saekulare-gruene.de/saekulare-gruene-verurteilen-verbot-der-zeugen-jehovas-in-russland/
Zum Thema Atheismus in Ägypten siehe: https://de.qantara.de/inhalt/atheismus-in-aegypten-ein-gesellschaftliches-tabu
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