Säkulare Forderungen in das Grünen-Wahlprogramm übernommen – Kommission „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat“ gebildet.

Der Bundesweite Arbeitskreis Säkulare Grüne hat in Gesprächen mit dem Bundesvorstand vor der BDK in Berlin erreicht, dass im Bundestagswahlprogramm 2013 säkulare Forderungen stärker betont bzw. aufgenommen werden.

Es handelt sich hierbei um folgende Bereiche:

  • hinsichtlich des gesellschaftlich besonders bedeutsamen Themas kirchliches Arbeitsrecht konnte erreicht werden, dass die grünen Positionen hierzu im Wahlprogramm präziser und umfangreicher als vorgesehen dargestellt werden
  • das in den letzten Monaten in die öffentliche Debatte geratene Thema der Ablösung altrechtlicher Staatsleistungen an Kirchen ist jetzt im Wahlprogramm enthalten
  • auch die Forderung nach Streichung des § 166 StGB (sogenannter Gotteslästerungsparagraf) befindet sich nun im Wahlprogramm
  • eine Stelle im Wahlprogramm, in der die Gleichstellung „des Islam“ mit den christlichen und jüdischen Religionen gefordert wurde, ist ersetzt worden durch eine Aussage zur religiösen und weltanschaulichen Gleichberechtigung aller Menschen.

Den Wahlprogrammänderungen vorausgegangen sind intensive Gespräche der SprecherInnen der Säkularen Grünen und AntragstellerInnen säkularer Wahlprogrammanträge mit dem Bundesvorstand.

Bereits am 17.04.2013 fand ein religionspolitisches Gespräch beim Bundesvorstand statt, an dem für den Bundesweiten Arbeitskreis Säkulare Grüne Diana Siebert und Walter Otte teilgenommen haben. Ergebnis dieser Gesprächsrunde, an der Claudia Roth, Volker Beck, Katrin Göring-Eckhardt und Cem Özdemir sowie der religionspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Josef Winkler, aber auch u.a. die BAG ChristInnen teilgenommen haben, ist die verbindliche Einrichtung einer Kommission „Weltanschauung, Religionsgemeinschaften und Staat“. Diese Kommission wird im Herbst dieses Jahres (nach der Bundestagswahl) ihre Tätigkeit aufnehmen. Über die Themen der Kommission besteht bereits weitgehendes Einvernehmen.

Ein entsprechender Beschluss ist gemäß den Absprachen beim religionspolitischen Gespräch dann vom Bundesvorstand am Montag letzter Woche gefasst worden. In dem Beschluss ist ausdrücklich erwähnt, dass die Kommission ihre Arbeit nach der Bundestagswahl aufnehmen wird und dass ein Kommissionsbericht bis Ende 2014 vorgelegt werden soll; anschließend wird das Thema  „Weltanschauungen, Religionsgemeinschaften und Staat“ auf einer BDK behandelt werden.

Der Bundesvorstand nennt  in dem Beschluss als Gegenstand der Kommission Themen wie Staatsleistungen, Religionsunterricht, Beschneidung, Gleichstellung der unterschiedlichen Religionsgemeinschaften sowie anderer Weltanschauungen und die Trennung von Religionsgemeinschaften und Staat.

Zu den Themenbereichen der Kommission werden darüber hinaus u.a. auch die öffentliche Präsenz von Religionsgemeinschaften (Kopftuchstreit, Kruzifixe in öffentlichen Einrichtungen), die kirchliche Präsenz in Ethik- und Rundfunkräten, an den Hochschulen sowie die Seelsorge in Anstalten und bei der Bundeswehr, aber auch die Kollision religiöser Gebote mit geschützten Rechtsgütern (Körperintegrität, Tierschutz – Schächtung, Erziehung – Ablehnung medizinischer Versorgung und Körperstrafen) gehören.

Der Bundesweite Arbeitskreis Säkulare Grüne wird in der Kommission vertreten sein.

In den Erörterungen über die Behandlung säkularer Anträgen zum Wahlprogramm wurde vereinbart, dass u.a. Anträge zu Feiertagsregelungen in Deutschland und auch in Europa und zu Knabenbeschneidungen Gegenstand der Erörterungen in der Kommission „Weltanschauung, Religionsgemeinschaften und Staat“ sein werden. Entsprechend diesen Erörterungen wurde Einverständnis mit einer Verweisung der säkularen Programmanträge zu Feiertagsregelungen und zu Beschneidungen in die Kommission erklärt.

W.O. 02.05.2013

 

Dokumentation der säkularen Wahlprogrammaussagen

1.

Kapitel HAUSHALT

[neu:]
STAATSLEISTUNGEN

„Wir Grüne wollen auf Bund-Länder-Ebene einen Prozess initiieren, der die vom Grundgesetz geforderten Grundsätze der Ablösung der altrechtlichen Staatsleistungen aufstellt. Darüber werden wir mit den betroffenen Religionsgemeinschaften verhandeln.“

2.

Kapitel ARBEIT

[geändert und erweitert:]
KIRCHLICHES ARBEITSRECHT

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im kirchlichen Einrichtungen unterliegen den Besonderheiten des kirchlichen Arbeitsrechts. Damit stehen ihnen wesentliche ArbeitnehmerInnenrechte nicht zu.

Diese Praxis stößt auch innerhalb der Kirchen immer mehr auf Kritik. Denn die Loyalitätsanforderungen des Arbeitsgebers auch außerhalb von Verkündigungsbereichen, die sich auf die private Lebensführung seiner MitarbeiterInnen beziehen, passen nicht in eine demokratische Gesellschaft.

Wir werden mit den Kirchen, den Gewerkschaften und anderen gesellschaftlichen Beteiligten in einen Dialog treten, damit sich die Situation der Beschäftigten verbessert.

Wir wollen, dass die kirchlichen MitarbeiterInnen außerhalb der Verkündigungsbereiche die gleichen Rechte bekommen wie andere ArbeitnehmerInnen auch.

Daher wollen wir für sämtliche Beschäftigungsverhältnisse jenseits des Bereichs der Verkündigung das kirchliche Arbeitsrecht abschaffen.

Dazu gehört das Recht zur Bildung von Betriebsräten und das Grundrecht auf Koalitionsfreiheit einschließlich der Streikfreiheit.
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden wir mit dem Ziel ändern, dass seine Bestimmungen wie in anderen Tendenzbetrieben auch auf Beschäftigungsverhältnisse in kirchlichen Einrichtungen Anwendung finden.

3.

Kapitel ARBEIT

[neu:]

Wer Grün wählt,
„stärkt die Rechte für MitarbeiterInnen in kirchlichen Einrichtungen.“

4.

[neu:]
Kapitel BÜRGERRECHTE

„Gläubige sind in gleicher Weise vor Beleidigung und Hetze geschützt wie andere Menschen auch. Deshalb soll §166 StGB ersatzlos gestrichen werden.“

5. Kapitel  BÜRGERRECHTE

[Ursprünglicher Antrag des Bundesverbands:]

Wichtiger Bestandteil einer inklusiven Politik ist die gesellschaftliche Gleichstellung des Islam mit Christentum und Judentum. Auch muslimische Religionsgemeinschaften müssen den im Grundgesetz verankerten Status einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts erreichen können. Der Staat sollte dies unter Wahrung seiner Neutralität durch Information und Beratung unterstützen. Dabei sind kreative Übergangslösungen nötig, die Bund und Länder koordinieren müssen. Dazu gehört die Einführung von
Islamischen Religionsunterricht in all denjenigen Ländern, in denen ein bekenntnisförmiger Religionsunterricht als Pflichtfach angeboten wird, Dazu gehört auch die universitäre Ausbildung des theologischen Lehrpersonals und der Imame.

[geändert in:]

„Ein wichtiges Ziel inklusiver Politik ist die religiöse und weltanschauliche Gleichberechtigung aller Menschen.
Während bisher vor allem die christlichen Kirchen den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen, sind andere Gemeinschaften vereinsrechtlich organisiert.
Grüne Politik wird ergebnisoffen nach Wegen suchen, diese rechtliche Ungleichheit zu beseitigen.“

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