Schüler*innen vor religiösem Mobbing bewahren / Religions- und Weltanschaungsfreiheit an Schulen wirksam schützen

BAG Säkulare Grüne LAG Säkulare Grüne Berlin

Gemeinsame Erklärung der Sprecher*innen von
BAG Säkulare Grüne und LAG Säkulare Grüne Berlin

Debatte über konfrontative Religionsbekundungen
muss fortgesetzt werden!

Säkulare Grüne fordern vom Senat eine solide Finanzierung des DEVI-Projekts „Anlauf- und Dokumentationsstelle konfrontative Religionsbekundung“

Die Säkularen Grünen fordern die Weiterführung des Projekts „Anlauf- und Dokumentationsstelle konfrontative Religionsbekundung“ in Neukölln. Die breite öffentliche Diskussion zum Ergebnis der in Neukölln vorgenommenen Bestandsaufnahme zeigt, wie groß der Aufklärungs- und Informationsbedarf tatsächlich ist. Mit der „Bestandsaufnahme Konfrontative Religionsbekundung in Neukölln“ wurde das Phänomen näher beleuchtet.

Medien-Berichte über religionsbezogenes Mobbing in Schulen wie auch auf Veranstaltungen vorgetragene Erfahrungsberichte von Migrant*innen, Lehrer*innen, Sozialarbeiter*innen erscheinen stets als Einzelfälle.

Die „Bestandsaufnahme Konfrontative Religionsbekundung in Neukölln“ zeigt nun, dass nicht nur im Einzelfall der Schulfrieden durch religiös motiviertes konfrontatives Verhalten gestört wird, auch wenn die Situation an den Schulen durchaus unterschiedlich ist. Diese Übergriffe spielen sich auf verschiedenen Ebenen ab. So wird von der Schule verlangt, bestimmte Bildungsinhalte etwa im Biologieunterricht nicht mehr zu vermitteln. Streit gibt es auch ständig um den Sport- und Schwimmunterricht vor allem für Mädchen. Auch werden andere muslimische Schüler*innen feindlich angegangen wegen einem unterstellten Mangel an „rechtgläubigem“ Verhalten oder einer „unzüchtigen“ Bekleidung. Muslimische Kinder anderer Konfession als der sunnitischen haben Angst, ihre Zugehörigkeit zu offenbaren und erleben Mobbing, wenn sie es doch tun. Ebenso gab es Berichte von aggressiv zur Schau gestelltem Antisemitismus.

Die Neuköllner Bestandsaufnahme hat das langjährige Totschweigen der Probleme vor Ort beendet und eine breite öffentliche Debatte ausgelöst.

Es bedarf nun weiterer vertiefter Untersuchungen in Schulen in Neukölln. Ein erster Schritt dafür ist die solide Finanzierung des Projekts für das laufende Jahr 2022. Wir fordern den Berliner Senat auf, dies zügig auf den Weg zu bringen.

Die an der Bestandsaufnahme geäußerte Kritik weisen wir als in der Sache verfehlt zurück. Religiös motiviertes Mobbing in den Schulen darf nicht durch Tabuisierung der Debatte wegdefiniert und unter den Teppich gekehrt werden. Alle Kinder, auch muslimische Kinder müssen davor geschützt werden!

Die Ergebnisse der Neuköllner Feldforschung zeigen eindrucksvoll, dass die Berliner Koalitionsparteien gut beraten waren, das Neutralitätsgesetzes des Landes nicht in Frage zu stellen. Das Gesetz schützt gerade auch muslimische Pädagoginnen vor religiös motiviertem Druck, sich in bestimmter Weise zu verhalten und sich entsprechend zu bekleiden. Zugleich schützt das Gesetz auch Mädchen vor den gleichen Übergriffen gegen ihre Selbstbestimmung. 

Im Sinne der Vielfalt unserer Gesellschaft muss der an den Neuköllner Schulen exemplarisch untersuchten Missachtung anderer Menschen aus religiösen Gründen entschieden entgegengewirkt werden. Dazu gehört zu allererst eine langfristig gesicherte Dokumentations- und Anlaufstelle. Darüber hinaus ist die Politik gefordert, umfassende pädagogische Maßnahmen einzuleiten.

Religiöses Mobbing ist kein originäres Neuköllner oder Berliner Problem.

Wir treten dafür ein, die Erforschung auf solche Berliner Bezirke auszudehnen, in denen an Schulen ebenfalls konfrontative Religionsbekundungen bekannt sind. Wir begrüßen die Äußerung von Schulsenatorin Busse, dass sie offen für Überlegungen ist, landesweit Anlauf- und Dokumentationsstellen für konfrontative Religionsbekundungen einzurichten Es ist darüber hinaus sinnvoll, die Aufklärung über diese Problematik im Interesse der gemobbten Schüler*innen auch in anderen Bundesländern voranzubringen.

Berlin, 20. Januar 2022

  Walter Otte  Hannah Wettig   /  Herbert Nebel     Corinna Steinwärder

   (für die BAG Säkulare Grüne)        (für die LAG Säkulare Grüne Berlin)

Verwandte Artikel