In die Debatte um die kirchlichen Privilegien in Deutschland aufgrund des dringend reformbedürftigen (noch) geltenden „Staatskirchenrechts“ ist jetzt ein weiterer wesentlicher Gesichtspunkt mit aktuellen Zahlen vorgetragen worden:
Der auf religionspolitischem Gebiet aktive Blogger Matthias Krause hat in diesen Tagen vorgerechnet, dass der Kirchensteuerabzug in Deutschland den
SteuerzahlerInnen jährlich rund drei Milliarden Euro kostet.
Krauses Resümee seiner Untersuchungen: „.. dass allein die steuerliche Absetzbarkeit der Kirchensteuer den Staat mehr kostet, als im Gegenzug aus Kirchensteuermitteln für gemeinnützige Zwecke verwendet wird.“ Und: „… die steuerliche Absetzbarkeit der Kirchensteuer vom Einkommen führt dazu, dass Kirchenmitglieder weniger Lohn- und Einkommenssteuer zahlen als ihre konzessionslosen Mitbürger.“ Unter Bezug auf den 24. Subventionsbericht der Bundesregierung beziffert Krause „diese Mindereinnahmen für die Jahre 2011 und 2012 auf jährlich über drei Milliarden Euro …“!
Ein höchst bedeutsamer Gesichtspunkt, der bislang in der Debatte um Kirchensteuern und kirchliche Finanzierung durch die Allgemeinheit noch keine Rolle gespielt hat. In Zeiten knapper Kassen, in denen auch und gerade im Sozial- und Bildungsbereich gespart wird, sind drei Milliarden Euro pro Jahr keine zu vernachlässigenden Größe.
Bereits vor einigen Wochen hatte M. Krause in einem Kommentar zu einem Artikel in der Süddeutschen Zeitung über den Haushalt des Erzbistums München und Freising dargelegt, dass die Kirchen ihre Berichte „schönen“ und Tatsachen verfälschen, indem beispielsweise bei den Zuwendungen an Bildungseinrichtungen oder Caritas seitens der katholischen Kirche nicht nur Einnahmen aus der Kirchensteuer sondern auch die staatlichen Zuwendungen kommentarlos (additiv) angegeben werden, so dass sich ein völlig verzerrter Eindruck dahingehend einstellt, als seien sämtliche Zuwendungen aus den Mitteln der Kirchensteuer getätigt.
Auch seinerzeit hat der Autor bereits darauf hingewiesen, dass die Kirchensteuer nicht den Staat ent-, sondern vielmehr belastet.
Der in Singapur lebende und von dort aus die religionspolitische Landschaft in Deutschland beobachtende und kommentierende Blogger ist ganz offensichtlich mit seinen Erkenntnissen der Zeit in Deutschland voraus.
Übrigens: M. Krause wirbt auf seiner Website mit einer Äußerung des katholischen Erzbischofs Robert Zollitsch (Freiburg“): Für mich auch im Urlaub unverzichtbar“. Was dem Erzbischof recht ist, sollte Säkularen in Deutschland billig sein.
Walter Otte / 08.10.2013
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