Pressemitteilung
Juli 2024
Zum anhaltenden deutlichen Rückgang der Mitglieder der evangelischen und römisch-katholischen Kirche erklärt die Bundesarbeitsgemeinschaft Säkulare Grüne
Schluss mit den Sonderprivilegien der christlichen Kirchen –
Diskriminierung Konfessionsfreier umgehend beenden!
Der schon lange andauernde Schrumpfungskurs der beiden großen christlichen Kirchen in Deutschland verlangt endlich politische Konsequenzen. Allein im letzten Jahr haben 782.000 Menschen den beiden großen Kirchen den Rücken gekehrt. Von früher einmal über 96 Prozent Kirchenmitglieder an der Bevölkerung Deutschlands sind lediglich noch 46 Prozent übriggeblieben. Dieser Exodus mit einer Halbierung der Mitgliederzahlen macht die überkommene Sonderrolle der Kirchen und ihre fortdauernden Privilegien zum Auslaufmodell ohne jegliche Aussicht auf Wiederherstellung der alten Größe.
Es ist höchste Zeit, dass sich die deutsche Politik, auch die Bündnis 90 / Die Grünen, nicht mehr länger vom historischen Irrlicht einer Identität von Bürger und Christ blenden lassen. Vielmehr muss die Politik den Kirchen unmissverständlich klar machen, dass sie ihren Platz nicht mehr länger als Staat im Staate, sondern als Teil der Zivilgesellschaft finden müssen. Ihr Verhältnis zum Staat ist damit dann kein anderes als das der Gewerkschaften, Umweltverbände oder charitativen Einrichtungen wie der Arbeiterwohlfahrt oder dem Roten Kreuz.
Spätestens durch den Prozess der „Entkonfessionalisierung“ der Gesellschaft haben beispielsweise auch die kirchlichen Sonderrechte bei der Behandlung ihrer Beschäftigten und die Fernhaltung der Gewerkschaften aus Betrieben in kirchlicher Trägerschaft jegliche Legitimation verloren. Die privilegierte Behandlung von KirchenvertreterInnen in sämtlichen Gremien und Räten vom Rundfunkrat bis zu Gemeindegremien und in der Jugendarbeit kann ebenfalls nicht so weiterlaufen, als sprächen die Kirchen für eine Mehrheit in der Gesellschaft. Auch das Recht der Religionsgemeinschaften, ihre Religion in einem ordentlichen Lehrfach zu verkünden, ist ein Relikt aus der Vergangenheit.
Wenn Bundespräsident Steinmeier kürzlich auf dem deutschen Katholikentag den Bedeutungsverlust der Kirchen beklagt, stößt er damit mehr als 45 Prozent der inzwischen konfessionsfreien Bevölkerung gezielt vor den Kopf und bestreitet deren moralische Legitimität. Auch diese ständige Missachtung konfessions- und religionsfreier Teile der Bevölkerung muss ein Ende haben!
Innerhalb der Kirchen haben im Übrigen Reformkräfte die vor allem finanzielle Dauerprivilegierung durch historische Staatsleistungen, Kirchensteuer und umfassende Steuerbefreiung als Grund für Reformresistenz und Beharren auf überlebten Strukturen erkannt. Der Abbau längst aus der Zeit gefallener Privilegien würde so auch einen Beitrag zur innerkirchlichen Reform und dem Abbau überlebter Strukturen, die sich nur noch dank staatlicher Alimentierung am Leben erhalten.
Walter Otte
Sprecher BAG Säkulare Grüne
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