Ablösung von Staatsleistungen an Kirchen

Auf Antrag der Bundestags-Fraktion der Linken debattierte der Bundestag am 28. Februar über einen Gesetzesentwurf zur Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen. Nachdem der Bundestag schon ein gutes Jahr gebraucht hatte, um den Gesetzesentwurf überhaupt auf die Tagesordnung zu setzen, wurde er dann in den Innenausschuss verabschiedet, obwohl er von der Sache her im Rechtsausschuss zu beraten wäre.

Der „hpd“ hat unter dem Titel „Ablösung am St. Nimmerleinstag“ kritisch über die Debatte berichtet und sich skeptisch dazu geäußert, ob die Mehrheit des Bundestages überhaupt eine Ablösung der Staatsleistungen wünscht. Die „diesseits“  notiert als positiv immerhin, dass sämtliche Fraktionen bekundet hätten, dass der Grundgesetzauftrag zur Ablösung der Staatsleistungen nicht weiter ignoriert werden dürfe.
Im Jahr waren 2010 betrugen die seit über 200 Jahren erfolgenden jährlichen Zahlungen an die Kirchen 460 Mio. EURO, für 2012 sind 475 Mio. EURO prognostiziert. Bei den abzulösenden Staatsleistungen handelt es sich um Zahlungen aus allgemeinem Steueraufkommen aufgrund des Reichsdeputationshauptschlusses von 1803, die für Enteignungen von Kirchengütern zugunsten von Übertragungen von kirchlichem Land und Vermögen auf (weltliche) Fürsten geleistet werden. Oft werden diese Leistungen mit Kirchensteuerbeiträgen und anderen Staatsleistungen verwechselt; hier handelt es sich jedoch um eine Leistung aufgrund einer verfassungsrechtlichen Sondervorschrift (des Art. 138 II WRV).
Bereits im April 2011 hat die Humanistische Union einen Entwurf für ein entsprechendes Gesetz vorgelegt, allerdings vorgeschlagen, keine Ablösesumme zu zahlen, sondern die Rechtsansprüche der Kirchen als durch die seit 1919 erfolgten Zahlungen als abgegolten anzusehen. Der Gesetzesentwurf der Linken billigt den Kirchen einen Ablösebetrag zu, der bei dem 10fachen des gegenwärtig gezahlten Jahresbetrages liegt (während Verfassungsjuristen von etwa dem 25fachen ausgehen).
Eine öffentliche politische Debatte darüber, in welcher Höhe ein Ablösebetrag bemessen sein muss, ob überhaupt aus den Regelungen des Jahres 1803 eine Berechtigung zur Zahlung einer Ablösesumme folgt und ob ein Ablösebetrag durch die seit 1919 erfolgten Zahlungen abgegolten ist, hat bislang nicht stattgefunden. Sie ist dringend nötig.
Die Säkularen Grünen, die für eine Ablösung der Staatsleistungen an Kirchen eintreten, werden diese Debatte führen.

W.O.

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