Bilder und Zahlen sprechen für sich. Die Räume des Kölner Erzbischofs werden von der Staatsanwaltschaft wegen Verdachts des Meineids durchsucht. Zur selben Zeit müssen die beiden großen christlichen Kirchen die Abwanderung von zusammen fast eine Millionen Mitgliedern allein im Jahr 2022 bekanntgeben. Damit gehören jetzt nur noch ca. 48 Prozent der Menschen hierzulande einer der beiden Großkirchen an.
Das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Kirchenmitglieder in die Seriö- sität der römisch-katholischen Kirche insbesondere, aber auch die der evangelischen Kirchen ist auf einem Tiefpunkt angekommen.
Trotz alledem gelten aber überkommene Privilegien weiter, als hätte es keine historisch und kulturell bedeutsamen Veränderungen der religiösen Präferenzen in Deutschland gegeben und als gebe noch die alte Identität von Bürger und Christ. Der Staat zieht die Mitgliedsbeiträge der Kirchen als Körperschaften des Öffentlichen Rechts als Steuern ein. Die Kirchen zahlen weder Grund- noch Erbschaftssteuer; allein ihr Immobilienvermö- gen mit Wohngebäuden in bester Lage wächst und wächst. Auf Kosten
der öffentlichen Kassen dürfen sie (in den meisten Bundesländern) ihre Religionslehre exklusiv für ihre Mitglieder als öffentliches Lehrfach anbieten. Das Strafrecht wiederum behandelt Geistliche wie Staatsbe- amte.
Die Kirchenlobby arbeitet beflissen wie eh und je im Bundestag und muss sich dabei nicht einmal im Lobbyregister erfassen lassen.
Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP nennt einen Reform- bedarf für die öffentlichen Ersatzzahlungen kirchlicher Vermögensver- luste früherer Jahrhunderte. Diese „historischen Staatsleistungen“ kosten den Bundesländern über 600 Millionen Euro im Jahr. Auch die gänzlich aus der Zeit gefallene Gängelung kirchlicher Beschäftigter und die Unter- drückung von Gewerkschaftsarbeit in Betrieben in kirchlicher Trägerschaft soll nach dem Willen der Ampelparteien reformiert werden. In beiden Fällen tun die Kirchen aber alles, um möglichst ungesehen von der Öffentlichkeit jede staatliche Reform ihrer Privilegien zu blockieren.
Wir fordern die Bundesregierung und die Koalitionsfraktionen auf, end- ich mit einer entschlossen und nachhaltigen Reform des Verhältnisses von Staat und Kirchen zu beginnen. Religions- und Weltanschauungs- gemeinschaften sind Teile der Zivilgesellschaft und keine staatsähn- lichen Gebilde, die auf längst überholten Sonderrechten beharren dürfen. Der Schutz der Glaubensfreiheit ist dabei selbstverständlich wie jedes andere Grundrecht zu gewährleisten. Dieser Schutz der Gläubigen braucht aber keine Sonderstellung hierarchischer Apparate mit ihren um- fänglichen Sonderrechten und üppigen Privilegien.
30.06.2023
Walter Otte
Sprecher BAG Säkulare Grüne
Säkulare Grüne fordern ein Ende der staatlichen Privilegien für Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften
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