Österreich: Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien

In der Zeit vom 15. bis 22. April 2013 findet in Österreich ein Volksbegehren gegen Kirchenprivilegien statt. Sofern in diesem Zeitraum 100.000 Unterschriften für das Begehren zustande kommen sollten, muss sich der österreichische Nationalrat (die Abgeordnetenkammer des österreichischen Parlaments) mit dem Thema Kirchenprivilegien befassen. Die österreichische Initiative gegen Kirchenprivilegien hatte Anfang Januar die nötigen Anzahl an Unterschriften für die Erzwingung eines Volksbegehren vorgelegt. Das Innenministerium hat jetzt die Durchführung des Volksbegehrens angeordnet.

Als ihre wichtigste Anliegen bezeichnet die Initiative gegen Kirchenprivilegien http://www.kirchen-privilegien.at die Trennung von Kirche und Staat, den Abbau von Subventionen und Vergünstigungen der Kirchen im Ausmaß von 3,8 Mrd. Euro jährlich sowie die staatliche Aufklärung der kirchlichen Missbrauchs- und Vertuschungsverbrechen, wozu eine staatliche Sonderkommission eingerichtet werden soll.

Der letztere Punkt gewinnt zunehmend an Bedeutung in der öffentlichen Diskussion: Gegenwärtig bahnt sich in Österreich ein Skandal um die sog. „Unabhängige Opferschutzkommission“ an, die Missbrauchsfälle innerhalb der katholischen Kirche aufklären soll und stets ihre Unabhängigkeit betont hat, tatsächlich jedoch ein organisatorischer Teil der Erzdiözese Wien ist. vgl http://hpd.de/node/14938. Wegen dieser Organisationszugehörigkeit hat die Erzdiözese Zugriff auf alle der Kommission mitgeteilten Opferdaten, die dorthin von Missbrauchsopfern im Vertrauen auf Datenschutz mitgeteilt worden sind. Diese vertrauensvoll mitgeteilten Informationen aus intimsten Bereichen sind, wie bekannt wurde, innerhalb der katholischen Hierarchie, bis hin zum Vatikan, von interessierten Personen und Stellen einsehbar. Seitens der Betroffenen ist die Löschung der Daten verlangt worden, wozu sich die katholische Kirche bislang nicht erklärt hat. Eine staatliche Kommission soll nach dem Willen der Initiative in Zukunft objektive Aufklärungsarbeit hinsichtlich der Missbrauchsfälle im Bereich der katholischen Kirche Österreichs leisten. Die katholische Kirche ist dazu nicht in der Lage.

Auf ihrer WebSite http://www.kirchen-privilegien.at schreibt die Initiative unter der Überschrift „Unser Grundsatz: Ein Recht für Alle“: „Religion ist Privatsache. Wir haben nichts gegen Religionen oder andere Weltanschauungen. Jeder/Jede darf glauben was er/sie will. Religionen sollen aber privat und nicht staatlich überlagert sein. Das Volksbegehren richtet sich nicht gegen Kirchen oder Religionen. Es richtet sich an den Staat. Es ist gegen Diskriminierung und Bevorzugung – aber für Gleichberechtigung.“ Weiter heißt es: „Den vordemokratischen Sonderrechten der organisierten Religion soll ein Ende bereitet werden.“ Eine Vielzahl von auf der WebSite veröffentlichten Daten und Fakten zeigt das Ausmaß der Kirchenprivilegien in Österreich, die kirchlichen Zugriffsmöglichkeiten auf Staat und Gesellschaft, aber auch die gewaltige Subventionierung des „Großgrundbesitzers Kirche“ aus österreichischen und EU-Fördermitteln (wogegen sich die Subventionen österreichischer klein- und mittelbäuerlicher Betriebe mehr als bescheiden ausmachen). Der Umfang des Missbrauchs von Kindern wird ebenso deutlich gemacht wie die Tatsache, dass seitens kirchlicher Stellen Beweismaterial in geheime Archive des Vatikans verschoben worden ist. Das besonders perfide Verhalten von Angehörigen des Klerus im Rahmen von Kindermissbrauch wird deutlich gemacht, wenn darauf hingewiesen wird, dass ein Viertel der gottesfürchtigen Kindesmissbraucher den Kindern mit der Hölle, mit Gewalt oder mit Versündigung gedroht hat, sollten sie über die erlittenen Gewaltverbrechen sprechen. Die katholischen Kindesmissbraucher erhielten von der Institution Kirche eine „Arbeitsplatzgarantie“, indem sie nach Bekanntwerden ihrer schändlichen Taten nicht entlassen, sondern lediglich versetzt wurden. Manche von ihnen nutzten den Zugang zu Kindern aufgrund ihrer neuen Stelle zu weiterem Missbrauch.

08.02.2013 W.O.

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