Aus dem Zensus 2011 (Stichtag 9. Mai 2011), dessen Daten vor einigen Wochen veröffentlicht worden sind, ergibt sich allem Anschein nach ein „christliches Deutschland“: der Anteil der Anhänger des Christentums in Deutschland beträgt angeblich 66,4 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Ein Anteil, der so gar nicht zu den in den letzten Jahren veröffentlichten Daten zu Kirchenaustritten und der steigenden Anzahl von konfessionslosen Menschen in Deutschland passt.
In einen Artikel im hpd hat der renommierte Autor Dr. Carsten Frerk, der insbesondere fundierte Analysen zu Kirchenfinanzen und der finanziellen Verflechtungen von Staat und den beiden christlichen Großkirchen vorgelegt hat, die religionsbezogenen Daten des Zensus untersucht; sein Ergebnis: „grundsätzliche methodische Defizite“ haben zu einer „kirchenfreundlichen Schräglage“ des Zensus 2011 geführt. Besonders grotesk: Während die Volkszählung zu einem Anteil von nur 10,5 Prozent religionsfreier Personen an der Gesamtbevölkerung gelangt, hat die Bundeszentrale für politische Bildung im Jahr 2010 immerhin 33 Prozent ermittelt. Dubios sind auch die Zahlen bezüglich Muslimen in Deutschland.
Das Rezept für die Ermittlung eines „christlichen Deutschlands“ und möglichst wenig Konfessionsfreie: man frage a) nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, dann frage man b) diejenigen, die keiner solchen angehören, nach ihrem „Bekenntnis“, stelle aber c) diese Frage auf keinen Fall den Angehörigen einer Religionsgemeinschaft. Und ähnliches mehr.
Carsten Frerk hat mit seiner Stellungnahme, in der er auch auf andere Untersuchungsergebnisse zu religiösen Haltungen in Deutschland hinweist, gezeigt: sucht man Daten zu religiösen Ansichten in Deutschland, kann man den Zensus 2011 getrost vergessen.
Carsten Frerk steht mit seiner Analyse keineswegs allein, wie sich auch aus der Untersuchung des Religionssoziologen Nils Friedrich ergibt.
W.O. / 11.06.2013
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